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Gott und Wissenschaft - im Theologiestudium

Nachricht – P. Christoph Gerhard OSB hat im Sommersemester 2018 an der Universität Würzburg ein Hauptseminar im Bereich Fundamentaltheologie und vergleichende Religionswissenschaft mitgestaltet. Dort wurden unter anderem die Frage nach der Vereinbarkeit von Glaube und Wissenschaft vor dem Hintergrund der Astronomie und der Kosmologie diskutiert.

Grenzfragen von Naturwissenschaft und Theologie - und das auch noch mit einem Mönch diskutieren? Die Studierenden der Universität Würzburg konnten das im vergangenen Sommersemester mit P. Christoph, der die Klostersternwarte in der Abtei Münsterschwarzach betreibt, und Prof. Dr. Matthias Reményi. Der Titel "Und sie bewegt sich doch" nimmt Bezug auf des im Vier-Türme-Verlag erschienene Buch des Cellerars.

Anfang Juli fand die letzte Seminarsitzung vor der Prüfungsphase statt, von der P. Christoph berichtet. Auch der Abschluss verlief alles andere als oberflächlich. Wie kann eigentlich vor dem Hintergrund moderner Naturwissenschaften das Geistige in der Welt bestehen? In der Naturphilosophie gibt es dazu fünf Modelle:

  1. Physikalismus oder absoluter Materialismus (es gibt nichts als Materie, das Geistige ist Nebenprodukt davon)
  2. Dualismus / Cartesianismus (Geist und Materie stehen nebeneinander)
  3. Emergentismus (aus dem Physischen entsteht das Geistige) in verschiedenen Spielarten
  4. Panpsychismus (das Physische hat vor-mentale Eigenschaften, Einheit von Geist und Materie)
  5. Absoluter Idealismus (die Ideen sind das wirklich existierende, alle Materie ist Abbild davon)

In einem Tafelschaubild fasste Prof. Reményi, ausgehend von der Besprechung eines Textes von Godehard Brüntrup SJ (Alter Wein in neuen Schläuchen, Die Renaissance des Panpsychismus in der gegenwärtigen Philosophie des Geistes), den Horizont der derzeitigen Diskussion zusammen. Er wies darauf hin, dass alle fünf Modelle ihre reizvollen Vorteile haben, aber auch alle ihre Schwachpunkte besitzen. Ebenso gibt es die Modelle nicht nur in ihrer "reinen" Form, sondern auch in verschiedensten Mischungen.

Beim derzeitigen Stand naturwissenschaftlicher Forschungen hat der Panpsychismus besondere Vorteile, weil er das Ineinander von physicher und geistiger Welt am leichtesten erklären kann. Ebenso ist mit ihm eine zielgerichtete Evolution am einfachsten vorstellbar. Dabei werden zwei große Bereiche der Naturwissenschaft ernstgenommen: die Quantenqhysik und die Biologie. Allerdings macht der Panpsychismus keine Aussagen über Gott. Noch ist das so. Hier sieht er die Theologie gefordert, die aber im Panpsychismus gute Ansatzpunkte für ihr Denken finden kann.

Mit diesem - auch intellektuell sehr fordernden - Ansätzen verbindet sich ein wesentliches Grundanliegen des Buches "Und sie bewegt sich doch - Astronomie und Glaube": den Dialog zwischen Naturwissenschaften und Glaube immer wieder aufzunehmen und sich von der je anderen Seite her befruchten zu lassen. Naturwissenschaft ist damit keine Bedrohung für den Glauben, sondern führt ihn zur eigenen Vertiefung und dem wunderbaren Handeln Gottes in der Welt. Umgekehrt zeigt der Glaube und die Philosophie Wege zu einer tieferen Sinn-Verbindung der Phänomene, die in der Naturwissenschaft sonst unverbunden nebeneinander stehen bleiben müssen: das Geistige und das Physische als eine Einheit zu denken, die von einem Schöpfer ausgehend gedacht und geglaubt werden kann. 

Für P. Christoph ist der Glaube untrennbar mit der Wissenschaft verbunden. In seinem Buch schreibt der Benediktiner: "Zu Anbeginn der Menschheitsgeschichte gehörten Glaube und Astronomie zusammen. So richteten sich Glaubensfeste nach bestimmten Himmelskonstellationen, die Sterne galten als göttliche Zeichen." Erst später hätten beide begonnen, sich gegenseitig zu widerlegen. P. Christoph schaut seit über 20 Jahren in der Klostersternwarte der Abtei Münsterschwarzach "in die Sterne". Das ist weitaus mehr als ein nettes Hobby. Nicht zuletzt durch die Vernetzung mit anderen Astronomen weltweit betreibt der Cellerar die ursprünglich klösterliche Wissenschaft der Sternbeobachtung.