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Trotzdem eine Zeit für Umarmung?

P. Frank Möhler OSB kommt beim Nachdenken über die Corona-Krise die Benediktsregel in den Sinn.

Viele Menschen leiden momentan unter den notwendigen Bestimmungen während der Coranakrise. Besonders schmerzhaft mag in diesen Tagen sein, dass man sich körperlich nur noch auf Abstand begegnen kann. Gern hätte man zu Ostern liebe Menschen umarmt und ihnen dadurch Nähe und Verbundenheit gezeigt. Aber Umarmungen wird es nicht geben können und wenn dann nur unter engsten Familienmitgliedern, die zusammen wohnen.

Wenn man in der Benediktsregel nach dem Wort "umarmen" Ausschau hält, dann fällt auf, dass es gerade dann auftaucht, wenn sich der Mönch in einer  schmerzhaften, schwierigen, ja für ihn extremen Situation der Einsamkeit, befindet. In harten und widrigen Situationen, wenn es keinen Ausweg gibt, gerade dann soll der Mönch "schweigend und bewusst die Geduld umarmen" (vgl. RB 7, 35). Die Geduld wird quasi zu einer Person, die ich

ganz bewusst und  leiblich berühren und auch festhalten kann. Benedikt lädt dazu ein, die Geduld nicht nur passiv  hinzunehmen oder  halt zähneknirschend in Kauf  zu nehmen, weil mir im Moment nichts anderes übrig bliebe, sondern er rät, dass ich sie mir zu einer lieben Freundin mache.

Es geht hier keineswegs darum, die Situation sozusagen stoisch anzunehmen, sondern in der umarmten Geduld, d.h. in der Annahme der unausweichlichen Situation, kann ich Gott selbst begegnen. Ich mache mich damit eins mit Jesus und schaue auf ihn, der in seiner Situation des Leidens aushält und nicht davonläuft.

Aber wie ist mir das möglich? Immer wieder tauchen bei Benedikt die Begriffe "aushalten" oder "standhalten" auf. Es ist, wie Paulus im Ersten Korintherbrief schreibt, "die Liebe, die allem standhält" (1 Kor 13, 7). Das griechische Wort, das Paulus hier verwendet (hpyomeno) bedeutet wörtlich "darunter bleiben" und "in die Höhe halten", im weiteren Sinn: "tragen" oder "ertragen".

Die Geduld umarmen könnte dann auch meinen: gerade wenn es zum Davonlaufen wäre, dann lass Dich nicht fallen, gib nicht auf; versuche trotz allem aufrecht zu bleiben, weil es Gottes Liebe ist, die Dich letztlich trägt und die Situation erträglich macht und schließlich auch durch die schwierigsten Situation hindurch tragen kann
Die Geduld umarmen ist eine österliche Haltung, besonders in dieser Coronakrisenzeit.