Predigten

Bist Du glücklich?

Predigt zu Mt. 5,1-12a – Predigt von P. Noach Heckel OSB am 8. Juli 2018 in der Abteikirche Münsterschwarzach.

Liebe Schwestern und Brüder,

„Bist Du glücklich?“ – wurde ich von einem Mitbruder gefragt. Ein etwas steiler Einstieg für einen kurzen Spaziergang nach dem Abendessen, dachte ich mir. Aber da war sie nun einmal diese Frage: Bist Du glücklich? Sind Sie glücklich?

Und was ist das schon… Glück… Für manche ist es schon ein Glück, wenn sich der ohnehin fragile Gesundheitszustand nicht verschlechtert. Auch Jesus wurde immer wieder nach dem Glück gefragt, wie von dem jungen Mann, der im tiefsten auf der Suche nach Erfüllung war und Jesus fragte: „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu erhalten?“ Auch im heutigen Evangelium spricht Jesus vom Glück.

Glücklich/Selig, die arm sind vor Gott, glücklich die Trauernden, die hungern und dürsten, die verfolgt werden….

Aber was hat das Arme, das in unseren Augen oft Unerwünschte, Minderwertige und Verachtete mit Glück zu tun? Oder sind diese Worte Jesu nur eine billige Vertröstung für Menschen, die es gerade schwer haben, eine Vertröstung auf ein zukünftiges Glück…? Nein, das ist es sicher nicht. Jesus spricht hier dezidiert nicht von der Zukunft. Er sagt nicht „glücklich werden sein…“, „selig werden sein…“ Jesus sagt: „Glücklich sind…“, „glücklich sind, die arm sind vor Gott…“ ganz zeitlos…

Und überhaupt: Jesus hat die Menschen nie vertröstet, sie nie eingelullt mit leeren Versprechungen. Im Gegenteil: Seine Offenheit und Klarheit ist manchmal kaum zum Aushalten. Nicht nur einmal haben die Jünger widersprochen: „Nein, das darf nicht passieren!“. Nicht nur einmal haben ihm die Menschen dieser Klarheit wegen den Rücken zugekehrt und sind gegangen.

„Selig, die arm sind vor Gott, selig die Trauernden, selig die Barmherzigen, die verfolgt sind, geschmäht…“

Jesus spricht in all dem zuallererst von sich, er spricht von seinem eigenen Weg der Seligkeit. Die Seligpreisungen sind gleichsam das Porträt Jesus. Denn Er selbst ist der wahrhaft Arme, der wahrhaft Sanftmütige, Barmherzige, der Verfolgte….

Mit diesen Worten der Seligpreisungen wie überhaupt mit der ganzen Bergpredigt sagt Jesus: „Seht, das ist mein Leben! Und mein Leben ist euer Leben. Trete doch ein in meine Biographie! Trete ein in dieses Glück, in diese Seligkeit, die ich Dir zeigen werde.“

Und es ist, wenn wir auf Jesu Leben schauen, eine Seligkeit, die zutiefst frei ist, unabhängig von äußeren Umständen. Glück ist immer nur dann echt, wenn es frei ist, unabhängig von äußerer Widerfahrnis. Schöne Gefühle, Ablenkung, Emotion,… all das kann ich machen, kann ich erzeugen… Wahres Glück, wahre Seligkeit, innerer Frieden, das, wonach sich der Mensch eigentlich sehnt, kann ich nicht herstellen oder machen.

Es geht um Empfangen und Empfänglichkeit, zu der uns Jesus einlädt. Im ersten Petrusbrief – auf den schon die erste Vesper gestern in einer Antiphon verwiesen hat – findet sich eine Erläuterung zu den Seligpreisungen. Es liest sich wie eine Kommentierung zu den Worten Jesu, wenn es dort heißt:

„Wenn ihr wegen des Namens Christi beschimpft werdet, selig seid ihr; denn der Geist der Herrlichkeit, der Heilige Geist Gottes ruht schon auf euch.“ (1 Petr 4,14)

Der Geist der Herrlichkeit ist es, der froh macht und frei. Der Geist Gottes, der Geist Jesu vermag froh und heiter zu machen, selbst im Schweren. Wenn also einer leidet und dennoch dabei tief in sich eine Seligkeit verspürt, dann wisse er, das ist der Geist Gottes, der ihn tröstet und trägt, der ihn durchlässig macht, ihn verbindet mit dem, der jeden unserer Wege vorausgegangen ist, in allem anwesend ist: mit unserem Herrn Jesus Christus.

Erst eine knappe Woche bin ich aus Uganda zurück. Ich bin noch voll von inneren Bildern, von Begegnungen, von Menschen, die einen Abdruck auf meiner Seele hinterlassen haben. Unter ihnen eine alte Frau. Es ist bisher kein Tag vergangen, an dem ich nicht an sie denken musste. Sie ist eine Arme, wie Jesus sie beschreibt. Und arm meint wirklich arm. Ich sehe ihre Behausungen vor mir, die Hütten… Instinktiv wusste ich, dass ich kaum eine Nacht hier aushalten würde. Lebensmittel werden hier am Abend möglichst vollständig aufgegessen, weil dies sonst nachts die Ratten übernehmen, die durch die vielen Löcher in der Hütte ein und ausgehen.

Zumindest der Ärmsten der Armen hat sich das Kloster dort in einem kleinen Sozialprojekt angenommen. Nichts Großes: Schulgeld für die Kinder, ein wenig Mais, manche können auf dem Klostergrundstück ein wenig Geld verdienen. Unter all diesen Menschen diese alte Frau. Und wie sie mich anstrahlt… Wenig später weint sie: „Ich weine nicht, weil ich traurig bin, sagt sie, sondern weil ich unendlich glücklich bin. Wie oft bin ich in meinem Leben fortgeschickt, abgewiesen, rausgeschmissen worden. Und hier darf ich sein, darf ich bleiben,  werde ich aufgenommen.“ Eine glückliche, alte Frau, obwohl sie fast nichts hat. So voller Seligkeit, dass mich allein ihre Gegenwart unendlich froh macht.

"Bist Du glücklich?“, wurde ich gefragt. Sind Sie glücklich? Ja, ich kenne Glück, ich kenne seinen Geschmack. Und wenn ich zurückschaue, merke ich, dass das Glück, das ich erfahren durfte, wenig mit dem Außen und ganz viel mit dem Innen zu tun hatte. Jesu Geist ist es, der wärmt und tröstet, der froh macht und zutiefst frei – unabhängig von allem Äußeren. Der Geist der Herrlichkeit. AMEN