Predigten

Christus ist auferstanden - er ist wahrhaft auferstanden, halleluja!

Predigt von P. Matthias Balz zu Ostersonntag am 16. April 2017 in der Abteikirche Münsterschwarzach

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder!

„Christus ist auferstanden – er ist wahrhaft auferstanden, halleluja!“

Das ist die große Botschaft der letzten Nacht. Viele von uns haben in dieser Nacht viele Worte gehört, wir haben uns hinein gesungen und gebetet in das große Geheimnis der Auferstehung – wir haben mit eingestimmt in das himmlische Halleluja – den Freudenruf „Preiset den HERRN!“.

Die Zellen unseres Körpers vibrieren buchstäblich noch von den ständigen Wiederholungen des Hallelujas und vom mächtigen Einsetzen der Orgel um Mitternacht. Die Osterfreude ist noch immer körperlich spürbar in uns, auch wenn die Augenlieder vielleicht etwas schwer sind, da die Zeit zum Schlafen zu kurz ausfiel.

Christus ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden, halleluja!

Was könnte ich dieser frohen Botschaft noch hinzufügen ..? – eigentlich ist damit doch schon alles gesagt..!
Durch die Taufe sind wir mit hineingenommen in Christi Tod und Auferstehung. Paulus schreibt im Brief an die Kolosser im 2. Kapitel, Vers 12 „Mit Christus wurdet ihr in der Taufe begraben, mit ihm auch auferweckt, durch den Glauben an die Kraft Gottes, der ihn von den Toten auferweckt hat.“ Und im Brief an die Römer im 6. Kapitel, Vers 4: „Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben.“

Diese Frohbotschaft bezeugen wir im Credo – in unserem Glaubensbekenntnis, das wir auch gleich wieder singen werden. Wir glauben an die Auferstehung der Toten. Wie das funktionieren kann, wissen wir nicht wirklich. Das bleibt das Geheimnis unseres Glaubens: „Im Tod ist das Leben!“

Wir dürfen aber immer wieder die Glaubenserfahrung machen, dass unsere eigenen Wunden heilen, wenn wir sie in die Wunden des Auferstandenen legen, wenn wir uns im Glauben an Christi Tod und Auferstehung und im Glauben, dass wir alle geliebte Kinder Gottes sind, wenn wir uns in diesem Glauben ihm anvertrauen und auf ihn hin unser Leben ausrichten.
Unsere Wunden verschwinden dabei nicht, so wie auch die Wunden Christi nicht verschwunden sind. Die Wunden des Auferstandenen sind sichtbar geblieben, wurden aber verklärt.

Ein sehr schönes Beispiel hierfür zeigt unser Hochaltarbild, der Christus Salvator. Er ist nicht ans Kreuz genagelt, sondern er steht mit weit ausgebreiteten Armen vor dem Kreuz – genauso wie Eltern die Arme ausbreiten, um mit ihnen ihr Kind zu umschließen, das zum Beispiel von der ersten Klassenfahrt zurückkehrt.

Die Wunden unseres Christus Salvator sind deutlich sichtbar – durch das Blattgold erstrahlen sie als verklärte Wunden. Nun ist interessant, dass bei einer Vergoldung mit Blattgold eine rote Grundierung verwendet wird. Durch das Rot erstrahlt das Gold noch leuchtender. Das ist für mich ein sehr schönes Bild: die Wunden bleiben und verschwinden nicht einfach, aber durch das Rot – durch den Schmerz und das Blut – erstrahlt das Gold der verklärten Wunden noch leuchtender. Die Wunden sind geblieben - sie sind nicht einfach vernarbt, wie wir es vielleicht von einer sauberen Operationswunde kennen. Die sichtbaren Wunden gehören zum Leben dazu und niemand muss sich ihrer schämen.

Johannes beschreibt in seinem Evangelium diese verklärten Wunden: der Auferstandene erschien seinen Jüngern und zeigte ihnen seine Hände und seine Seite. Einzig Thomas fehlte. Er konnte es nicht glauben und so zeigte sich der Auferstandene acht Tage darauf erneut und sagt zu Thomas: Streck deinen Finger aus - hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!

Auch wir sind eingeladen, uns und unsere Wunden in die verklärten Wunden Christi zu legen und verwandeln – heilen zu lassen.

Die hl. Hildegard von Bingen sagt: Deine Wunden werden durch die Heilung zu einem kostbaren Besitz, zu kostbaren Perlen.
Das ist ein schönes Bild. Wir alle kennen kostbare Perlen. Matthäus benutzt auch dieses Bild in den Gleichnissen vom Schatz und von der Perle im 13. Kapitel: [Jesus spricht:] Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war. Ein Mann entdeckte ihn, grub ihn aber wieder ein. Und in seiner Freude verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte den Acker.
Auch ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle Perle fand, verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte sie.

Eine kostbare Perle als Sinnbild für das Himmelreich – und doch steckt im Zentrum einer jeden Perle ein gewöhnliches Sandkorn.

Wie entsteht eine Perle? In eine Auster gelangt ein kleines Sandkorn, das unter dem Mikroskop messerscharfe Kanten und Ecken hat. Dieses Sandkorn fügt der Auster eine Verletzung zu. Und was macht die Auster? Sie versucht nicht, die Verletzung loszuwerden oder abzuschneiden, so wie eine Eidechse ihren Schwanz abwerfen kann.

Nein, die Auster beginnt das verletzende und scharfkantige Sandkorn mit Perlmutt zum überziehen. Eine Schicht nach der anderen folgt, es entsteht eine kostbare Perle. In jeder wunderschönen Perle, mit der sich ja leider meistens nur Frauen schmücken, steckt also eigentlich ein gewöhnliches Sandkorn, das die Auster verwundet hat.

Wie kann es uns gelingen, unsere eigenen Wunden in Perlen zu verwandeln bzw. verwandeln zu lassen?
Vielleicht, indem wir uns hineinfallen lassen in das Geheimnis der Osternacht – in das Geheimnis von Tod und Auferstehung Christi.

Gelingt es mir auf meinem Glaubensweg, wirklich und mit ganzem Herzen anzunehmen, dass ich geliebter Sohn, geliebte Tochter Gottes bin – ganz ohne Vorbehalt angenommen und geliebt?
Glaube ich wirklich, dass auch ich Anteil erhalten habe an der Auferstehung Christi?

Johannes schreibt im 13. Kapitel: „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.“

Die Feier der Osternacht hilft mir persönlich auf meinem Glaubensweg sehr, auch wenn ich am nächsten Morgen immer recht müde bin.
Die Osternacht hilft mir mit dem Ritus Tauferneuerung und mit ihren immer wiederkehrenden Halleluja-Rufen, dass ich mich als geliebtes Kind meines göttlichen Vaters angenommen weiß.

Halte ich Gott in diesem Wissen alles hin, was mich belastet und was mich verletzt hat, dann kann er es verwandeln und heilen. Meine Verwundungen dürfen sein, ich muss mich ihrer nicht schämen. Das ist eine Frohbotschaft in einer Gesellschaft, in der man eigentlich keine Schwäche zeigen darf, will man nicht untergehen.

Wie Maria von Magdala sind auch wir aufgerufen, Zeuginnen und Zeugen für die Auferstehung und die damit verbundene Frohbotschaft zu sein – wir sind aufgerufen zu verkünden:

Christus ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden, halleluja!

Legt alles, was euch belastet und niederdrückt – legt all eure Wunden in seine verklärtenWunden, damit sie heilen und zu Perlen werden dürfen.

Helfen und unterstützen wir einander, zu glaubwürdigen Zeugen der Frohbotschaft – zu einem neuen Sauerteig zu werden, denn Christus ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden, halleluja!

Amen.