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Besuch in der Ikonenkapelle

Eine unscheinbare Tür, ein schlichtes Treppenhaus – nichts verrät, was im ersten Stock verborgen ist.  Doch wer den Raum dort betritt, scheint in eine andere Welt einzutauchen. Gedämpftes Licht, Wände in einem satten Rot-Ton und Bilder, die anscheinend auf die Besucherinnen und Besucher gewartet haben. Die Ikonenkapelle der Abtei Münsterschwarzach zeigt, wie stark Kunstwerke uns bewegen können.

Mit dem neu geschaffenen Andachtsraum ist ein Ort entstanden, an dem Spiritualität greifbar wird. Dabei schließt sich der Kreis. Als im Jahr 1914 die Ordensbrüder in die Abtei zurückkehrten, wurden hier die ersten Gottesdienste gefeiert. In den darauffolgenden Jahrzehnten änderte sich die Nutzung. Heimat für die evangelische Gemeinde, Vortragsraum – und nun wieder Kapelle. Mit einer Besonderheit: Ikonen, Kult- und Heiligenbilder aus der Ostkirche, prägen die sakrale Stätte. Über den ganzen Raum verteilt, laden sie zum Innehalten ein.

Die Ikonentradition kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Die Ursprünge lassen sich zu den ägyptischen Mumienporträts nachverfolgen. Während im Judentum und Islam bis heute ein Bildverbot gilt, ist die plastische Darstellung ein zentrales Element im Christentum. Ikonen nehmen dabei eine spezielle Rolle ein. Für die Erstellung gelten strenge Regeln. Der Künstler sieht sich als ein Werkzeug Gottes, nicht als Schöpfer. Daher heißt es, Ikonen werden geschrieben und nicht gemalt.

Zudem sind sie für Gläubige mehr als ein Bild – sie verkörpern die dargestellte Person. Das erklärt, warum Menschen Ikonen beweihräuchern, küssen und sich vor ihnen verneigen. Noch etwas ist besonders: es geht nicht um den schnellen Konsum. Ikonen wollen mit dem Betrachter in Kontakt treten, eine Botschaft vermitteln. Sie laden ein, sich langsam anzunähern. So lange zu schauen, bis sich die Menschen öffnen und sich vom Bild anschauen lassen.

Viele Menschen haben dazu beigetragen, dass die Ikonenkapelle in ihrer besinnlichen Schönheit erstrahlen kann. Ob Schreinerei, Tüncher, Metallwerkstatt oder Elektriker – die Handwerksbetriebe der Abtei Münsterschwarzach haben Hand in Hand gearbeitet. Pater Meinrad Dufner hat das Projekt koordiniert und war für die Zusammenstellung der Ikonen zuständig.

Bei der Ausrichtung des Raums gibt es klare Vorstellungen. „Die Bilder sollen stehen, wie sie ursprünglich standen. Nicht zur Ausstellung, sondern zur religiösen Praxis – zum Vollzug des Gebetes“, erläutert Pater Meinrad Dufner. Daher erfolgt die Nutzung der Kapelle ausschließlich durch die Mönche der Abtei. Für die Öffentlichkeit sind die Räumlichkeiten nicht zugänglich.