Ohne Landwirtschaft können wir nicht leben
Im neuen Ruf in die Zeit wird von den aktuellen Entwicklungen in der Landwirtschaft aus aller Welt berichtet
Aus einem Artikel von Prof. Michael Rosenberger mit moraltheologischen Impulsen:
Wenn man die Menschen nach der Zukunft der Landwirtschaft fragt, dann tritt schnell große Ratlosigkeit ein. Denn einerseits ist den meisten klar, dass der Trend der letzten Jahrzehnte zu immer weniger und immer größeren Betrieben, Feldern und Maschinen nicht der Königsweg sein dürfte. Andererseits sind die Alternativen, die die vielfältigen Zielsetzungen der Landwirtschaft erfüllen könnten, für die meisten noch nicht klar ersichtlich. Die Politik sendet einander widerstreitende Signale – mit Prämien für ökologische Maßnahmen auf der einen und Beibehaltung von mengenbezogenen Förderungen auf der anderen Seite. Wie also könnte der Weg in die Zukunft aussehen? Und welche ethischen Aspekte könnten helfen, ihn klarer wahrzunehmen und entschiedener zu gehen?
Die Landwirtschaft ist nicht irgendein Gewerbe. Als jenem Berufszweig, der die überlebensnotwendige Nahrung für die Menschen erwirtschaftet und zur Verfügung stellt, kommt ihr eine Sonderstellung zu. Ohne Landwirtschaft können wir nicht leben. Alle Gesellschaften, auch die modernsten und am meisten industrialisierten, bleiben von diesem nach der Jagd ältesten Berufsstand abhängig.
In einer zweiten Hinsicht ist die Landwirtschaft derjenige Berufszweig, der mit den meisten Tieren zu tun hat. Selbst wenn man alle Versuchstiere der Industrie zusammenrechnen würde, käme man lange nicht auf die Zahl der Nutztiere in der Obhut der Bäuerinnen und Bauern. Idealerweise kümmert sich der Landwirt aufmerksam und fürsorglich um seine Tiere – und nimmt ihnen Milch, Eier, Wolle oder auch Federn, Haut und Leben. Geben und Nehmen gehören in seiner Beziehung zum Tier untrennbar zusammen. Die Landwirtschaft hat schließlich eine dritte Sonderrolle. Zusammen mit der Forstwirtschaft ist sie für die Gestaltung der größten Flächen der Erdoberfläche zuständig. Damit kommt der Landwirtschaft eine eminente Bedeutung für die ökologische Entwicklung unseres Planeten zu. Eine gesunde Erde hängt nicht allein von der Landwirtschaft ab. Aber ohne sie ist sie nicht zu bewerkstelligen. Damit ergibt sich eine dreifache herausragende Verantwortung der Landwirtschaft: für die Ernährung der Menschen – für die Mitgeschöpfe – und für die Gestaltung eines großen Teils unserer Lebensräume. Wie kann die Landwirtschaft dieser Verantwortung gerecht werden? Was sind Maßstäbe für gutes bäuerliches Handeln?