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Predigten

Gast in Jesus sein dürfen

Predigt von P. Andreas Schugt OSB am Sonntag der 22. Woche im Jahreskreis zu Lk 14, 1.7–14

Liebe Schwestern und Brüder!

Kleines Gedankenspiel zu Beginn meiner Predigt:

Bitte gehen Sie in Gedanken für ein paar Augenblicke einmal zurück zu dem letzten großen Fest, das Sie als Gastgeberin oder als Gastgeber ausgerichtet haben. Das kann ein runder Geburtstag, ein Jubiläum oder auch Ihre Hochzeit gewesen sein. Da wir im Kloster auch zu Feiern pflegen, werden die Mitbrüder auch ein Fest finden, an das sie sich erinnern können.

Und jetzt stellen Sie sich bitte vor, Jesus wäre auch gekommen, einfach so, und hätte das gesagt, was wir soeben im Evangelium gehört haben.

Irgendwie ist diese Vorstellung ein wenig unangenehm, oder?

Da hat man sich doch solche Mühe mit der Vorbereitung und insbesondere mit der Gästeliste gegeben, und genau überlegt wer wo und neben wem sitzt, den Herrn Bischof, Frau Landrätin, den Bürgermeister kann man ja unmöglich unter ferner liefen platzieren. Alles wohl austariert, wer mit wem wohl kann oder vielleicht doch nicht.

Auch die beiden Tanten, die seit Jahren nicht mehr miteinander reden, sitzen jetzt an weit auseinanderliegenden Tischen. Und so weiter und so fort.

Was uns am heutigen Evangelium ein wenig aufstößt ist wohl, dass wir uns getadelt sehen, wenn wir, wie selbstverständlich und mit scheinbar gutem Grund, Unterschiede bei den geladenen Gästen machen. Familienmitglieder, gute Freunde, Geschäftsfreunde, Mitarbeiter oder Arbeitgeber, sie alle stehen schließlich in einer je anderen Beziehung zu uns.

Beim Gastmahl, von dem das Evangelium erzählt, gab es allerdings wohl keine vom Gastgeber vorgesehene Sitzordnung. Das ist freilich nur ein kleiner, nicht wirklich wichtiger Unterschied.

Wir würden das Evangelium allerdings gründlich missverstehen, wenn wir in ihm lediglich einen antiken Vorläufer eines Knigges sähen.

Mit Berechnung den untersten Platz wählen, um dann hinauf befördert zu werden, ist eben gerade keine Demut. Wer Demut anstrebt will etwas erreichen. Und gerade das ist dann keine Demut mehr. Das wissen wir und sagen dann augenzwinkernd von uns selbst: "In der Demut übertrifft mich keiner!"

Also, worin liegt dann aber die Botschaft Jesu?

Letztlich will Jesus seinen Zuhörern und uns etwas über sich selbst und dem Himmelreich vermitteln. Einer seiner Zuhörer hatte das auch so verstanden, denn der nächste Satz im Lukasevangelium, der heute leider nicht mehr gelesen wird lautet:

Als einer der Gäste das hörte, sagte er zu Jesus: "Selig, wer im Reich Gottes am Mahl teilnehmen darf."

Aus dem Hebräerbrief hörten zudem, dass wir zum Berg Zion, der Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zu einer festlichen Versammlung und zum Mittler eines neuen Bundes hinzugetreten und gerufen sind. Gastgeber des Mahles ist also Gott selbst.

Wenn Gott der Gastgeber ist, werden dann nicht all unsere, auf Konventionen gründenden, oftmals kleinlichen Unterscheidungen von Größe, Ehre und Ansehen hinfällig und wirken geradezu lächerlich? Vor Gott sind wir doch alle gleich.

Und Jesus? Hat er nicht beim letzten Abendmahl seinen Jüngern die Füße gewaschen? Jüngern, die sich noch kurz zuvor mehrmals die Köpfe darüber zerbrochen hatten, wer unter ihnen wohl der Größte sei. Etwas Besonderes zu sein, ist wohl eine zutiefst im Menschen angelegte Fehlhaltung. In der Psychologie wird es Dominanzstreben und in unserer Religion Erbschuld genannt.

Heilung wird uns durch Jesus zuteil. Sein frei gewählter letzter Platz, seine Menschwerdung, seine Botschaft, sein Leiden, sein Sterben und seine Auferstehung sind der Weg unserer Befreiung. Ein neues Handeln ist uns somit ermöglicht. Christus, der in uns lebt, möchte durch uns schon jetzt sein kommendes Reich aufscheinen lassen. Wir alle sind die zum Mahl Geladenen. Wir könnten auch übersetzen: die Gerufenen oder Berufenen. Wir sind alle zusammen Gäste, die unverdient zum Mahl geladen sind, in dem sich uns der Herr schenkt.

Schließen möchte ich mit dem heutigen Tagesgebet:

Allmächtiger Gott,
von dir kommt alles Gute.
Pflanze in unser Herz
die Liebe zu deinem Namen ein.
Binde uns immer mehr an dich,
damit in uns wächst, was gut und heilig ist
Wache über uns und erhalte, was du gewirkt hast.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.