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Predigten

Jede Hingabe macht uns reicher

Predigt von P. Jesaja Langenbacher OSB am 33. Sonntag im Jahreskreis.

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

momentan haben wir den Eindruck, dass nicht nur das äußerliche Wetter getrübt ist, der äußere Himmel verhangen, sondern dass durch die "Großwetterlage" in der ganzen Welt, die Angst vor der Pandemie und die damit verbundenen Belastungen unsere Blicke und unsere Herzen verdunkelt sind. Es ist fast so, wie es die Lesung eben umschrieben hat: wir haben uns in Frieden und Sicherheit gewogen – und plötzlich kam "Verderben über uns" – im Mantel der Pandemie, in der wirtschaftlichen Unsicherheit und durch "spaltende Menschen".

Demgegenüber erinnert uns die Lesung daran, dass wir nicht in diesem Finsteren leben sollen, sondern als "Söhne und Töchter des Lichts und des Tages: Wir tragen in uns eine tiefe Sehnsucht nach einem hellen, offenen und sonnigen Himmel, eine Sehnsucht nach Freude, nach einer Erfahrung des "Himmels im Herzen" und einem guten, wertschätzenden, sich gegenseitig helfendem Miteinander.

Die Frage ist: können wir an dem Ort, wo wir hingestellt sind, etwas dafür tun, dass unsere direkte Umgebung oder zumindest der "Himmel in uns" wieder heller werden und wir in die Freude zurück finden? Das Evangelium gibt uns hier Hinweise, dass wir nicht ängstlich sein und unsere Talente nicht vergraben sollen, sondern dass das Himmelreich, das Reich des Lichtes und der Liebe und die Freude zunehmen, wenn wir alle unsere je eigenen Gaben und Talente dort so gut es geht einsetzen, wo wir eben leben.

Mit den Talenten sind zunächst alle unsere Gaben und Fähigkeiten gemeint. Letztendlich ist die Währung im Reich Gottes, im Himmelreich schon hier auf der Erde, die Liebe. Mit ihr hat uns Gott in großem Maße ausgestattet. Sie sollen wir in dem von uns empfangenen Maß weiterschenken. Die Liebe einsetzen meint, sich für das Gute einsetzen, damit Gutes zu tun. Als klassische Liebeswerke galt im Alten Testament der Dienst am Nächsten, die Hingabe an den Bedürftigen – das zu geben, was er im Augenblick braucht (wir hören davon in der kommenden Woche am Christkönigssonntag) – Essen und Trinken zu geben, einen Fremden aufzunehmen, zu bekleiden, Kranke und Gefängnisinsassen zu besuchen … kurz gesagt: jede herzlich-warme Zuwendung zum Nächsten.

Albert Schweizer hat einmal gesagt, dass Liebe das einzige ist, was sich verdoppelt, wenn man sie teilt – sie also konkret werden lässt. Und wenn wir unsere Liebe großzügig einsetzen, nimmt auch die Freude zu!

Das Beispiel des dritten Dieners weist uns darauf hin, dass wir unsere Talente und Begabungen nicht aus Angst vergraben, sondern damit unser Leben gestalten sollen. Statt die Chancen zu sehen, sieht der dritte Diener auf das mögliche Scheitern. Er wählt den Stillstand, statt das Risiko einzugehen. Er hat Angst, etwas falsch zu machen und geht "auf Nummer sicher". Angst aber ist in jedem Fall ein schlechter Ratgeber. Angst blockiert, lähmt und hemmt die Initiative. Gebrauchen wir unsere Gaben nicht – wie wenn wir unsere Muskeln nicht gebrauchen – dann verlieren wir sie. Und: wer nichts gibt, sich nicht für die anderen öffnet, geht letztendlich selbst in die Isolation – in die Finsternis – in die Beziehungslosigkeit.

Die anderen beiden Diener wollten das Leben nicht "nur bewahren", sondern sich bewähren. Sie hatten Mut und vertrauten Gott, dass er sie so befähigt, ihre Talente, ihre Liebe so einzusetzen, wie es Jesus getan hat – mit seiner mitfühlenden und konkret dienenden Liebe.

Das Beispiel des dritten Dieners möchte uns letztendlich keine Angst machen, sondern uns aufwecken, aufschrecken, dass wir – wie der erste Diener – unser Gaben und Talente ab jetzt, sofort zum richtigen Handeln einsetzen und nicht auf etwas Bestimmtes warten sollen. Man könnte hier eine Dringlichkeit herauslesen im Heute, im jeweiligen "Jetzt" unsere ganze Person und alles einzusetzen, was wir haben. Wenn wir heute alles an Liebe und Zuwendung geben, was wir können – und so letztendlich unsere einmalige Lebensaufgabe erfüllen, dann sind wir offen und bereit auch alles von Gott zu empfangen – die Fülle an Liebe, Freude und göttlichem Frieden.

Setzen wir doch das ein, was uns gegeben ist - und sei es auch noch so wenig. Vermehren wir das uns Anvertraute – und sei es auch noch so wenig! Nehmen wir unser Leben in die Hand! Entdecken wir, was in uns steckt, bringen wir es zur Entfaltung und machen wir das Beste daraus! Lassen wir uns dorthin rufen und senden, wo wir gebraucht werden und helfen wir, wo Hilfe nötig ist.

Bitten wir Gott um den Mut, Liebe zu üben, Geduld zu haben, für Frieden und Versöhnung einzutreten! Übernehmen wir die Verantwortung – für das Klima, für Menschen, die auf der Flucht sind oder die vor Ort unsere Hilfe brauchen. Oder wir schenken dem Nächsten vielleicht auch nur einmal ein Lächeln. So tun wir den Willen Gottes. So gewinnen wir das Leben und machen es für andere wieder heller. Jede kleinste, selbstlose Hingabe, jede Teilnahme, jede Liebe macht uns nicht ärmer, sondern reicher und das Leben erfüllter. Amen.