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Predigten

Schon wie Weihnachten.

Predigt von P. Fidelis Ruppert am 4. Adventssonntag.

Schwestern und Brüder,

heute ist es schon wie Weihnachten, jedenfalls, wenn man den Text des Evangeliums anschaut. Und da geht es nicht nur um ein heiliges Kind, sondern gleich um zwei.

Die Begegnung von Maria und Elisabeth ist eigentlich ein eigenes Fest, das am 2. Juli gefeiert wird, Mariä Heimsuchung. Ein Fest der Begegnung von zwei schwangeren Frauen. Johannes hüpft im Schoß seiner Mutter auf, als er die Nähe Jesu im Schoß seiner Mutter spürt. So jedenfalls beschreibt es der Evangelist.

Seit der Liturgiereform, steht dieses Evangelium auch am 4. Advent. Und da passt es auch hin. Nicht nur, weil es um zwei Babys geht, von denen das eine knapp vor der Geburt steht, sondern, weil diese Begegnung von Maria und Elisabeth, von Jesus und Johannes etwas vom tieferen Sinn, vom eigentlichen Sinn des Weihnachtsfestes ausdrückt: BEGEGNUNG – Begegnung von Gott und Mensch.

An Weihnachten geht es ja nicht nur um die Freude über die Geburt eines Kindes, auch wenn es ein göttliches Kind ist. Weihnachten sagt uns, dass der gewaltige, unnahbare Gott uns nahekommen will, uns nahegekommen ist, ganz menschlich, geradezu leibhaftig nahe – auch mir persönlich.

In der alexandrinischen Theologie des 3. und 4. Jahrhunderts stehen nicht Kreuz und Auferstehung im Vordergrund der Aufmerksamkeit, sondern die Menschwerdung Gottes. Das Entscheidende ist dann, dass der unendlich große und geheimnisvolle Gott ganz und gar selber Mensch wird, als Mensch unter uns lebt und schließlich in jedem Menschen wiedergeboren werden will.

Origenes, der größte Theologe der frühen ägyptischen Kirche sagt: „Was nützt es dir, wenn Christus irgendwann einmal im Fleische gekommen ist, wenn er aber nicht in dein Herz eingezogen ist? Beten wir, dass sich seine Ankunft täglich in uns vollzieht, damit wir sagen können: ‚Ich lebe, aber nicht mehr ich, sondern Christus lebt wahrhaft in mir‘.“ (Galater 2,20) Für Origenes ist dies also ein tägliches Geschehen, eine unablässige Dynamik in unserem Innern. Und Origenes betont, es sei wahrhaftig so, also nicht nur ein frommer Spruch.

Ähnlich sagt Angelus Silesius noch im 17. Jahrhundert: „Und wäre Christus tausendmal in Bethlehem geboren, und nicht in dir: Du bliebest doch in alle Ewigkeit verloren.

Wenn es also stimmt, wenn ER tatsächlich zu uns gekommen ist, in uns lebt, in mir lebt, dann könnten wir sagen, dass auch wir mit Jesus schwanger gehen, IHN in uns tragen – wie Maria, mit der Chance, dass Ähnliches geschieht wie damals zwischen Jesus und Johannes, dass nämlich die göttliche Gegenwart in uns, auch auf jene ausstrahlen kann, denen wir begegnen und sie aufleben lässt, so wie Jesus auf den Johannes ausstrahlte, dass dieser spürbar auflebte im Schoß seiner Mutter.

Dann kann es jedes Mal wie Weihnachten sein, eine gott-menschliche Begegnung, dann weihnachtet es zwischen uns.

Das kann aber nicht immer so sein. Manchmal reitet uns ja ein kleiner Dämon, oder, wie es im 7. Psalm heißt, dass wir manchmal mit Unheil schwanger gehen und dann Unglück gebären. Das kennen wir auch. Wenn unsere Seele unaufgeräumt ist, wenn wir mit Unheil schwanger gehen, dann weihnachtet es nicht zwischen uns, dann wetterleuchtet es….

In diesem Sinn ruft der Jakobusbrief 4,1 aus: „Woher kommen Kriege bei euch, woher Streitigkeiten? Etwa nicht von den Leidenschaften, die in euren Gliedern streiten?“ D.h. Unruhe und aggressive Gedanken im eigenen Herzen entzünden immer neue Streitigkeiten unter uns.

So etwas wird uns immer wieder passieren. Auch ich, auch wir werden immer wieder unheilvolle Energien ausstrahlen und andere Menschen verletzen. Aber die Begegnung der beiden Frauen im Evangelium erinnert uns daran, dass es immer auch die friedliche und heilsame Alternative dazu gibt, dass auch wir – wie Maria – mit dem Gottessohn schwanger gehen können, sodass ER durch uns – durch unser Verhalten – andere Menschen berühren und aufleben lassen kann.

Das wird unsere weihnachtliche Sendung sein: dass es weihnachtet unter uns, wenn wir – wie Maria und Elisabeth – einander begegnen in göttlicher Schwangerschaft und Offenheit. Auch wenn es ab und zu bei uns wetterleuchtet: vertrauen wir darauf, dass ER trotzdem leibhaftig in uns gegenwärtig ist, in all unserer Menschlichkeit und Armseligkeit, und dass es in der Kraft Seiner Gegenwart immer wieder weihnachtet – durch uns und unter uns.

Dann bricht neues Leben auf, neue Freude und neue Begegnungen, die weitertragen.

Vielleicht weihnachtet es dann das ganze Jahr hindurch …

Schön wär’s!