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„Im Tod sind wir alle gleich“

Bericht – Mit einer besonderen Komplet wird an Allerheiligen in der Abtei Münsterschwarzach der Toten gedacht – nicht nur derer des Konvents.

Es ist kalt an diesem Allerheiligenabend. Als ob der November anhand der Temperatur zeigen wollte, dass mit ihm nun dunklere Zeiten kommen und der Winter naht. Der Friedhof der Abtei Münsterschwarzach ist vom Schein hunderter Kerzen erleuchtet. Auf den Gräbern, auf den Grabtafeln, überall flackern die Flammen durch die rote Plastikwand der Grablichter. Andächtig, nicht bedrückend, wirkt die letzte Ruhestätte der toten Mönche.

Der Konvent wird an diesem Abend hier zusammenkommen, um ihrer in der Komplet zu gedenken. Doch nicht alleine. Gläubige aus dem Ort, Gäste und die Flüchtlinge, die in der Abtei Münsterschwarzach leben, schließen sich ihnen an. Auch sie wollen sich heute an ihre Toten erinnern.

Ein Mönch kommt mit einer Schubkarre voller Kerzen. Eine Fuhre voller Licht im Dunkel. Es ist Br. Andreas Adolf OSB, der sich um den Friedhof kümmert. Jedem Besucher gibt er ein Grablicht. „Für später.“ Auch die Mönche der Abtei holen sich eine Kerze ab. Nach und nach treffen sie einzeln, zu zweit oder zu dritt am Friedhof ein. Schweigend. Einige haben ihre Kapuze übergezogen. Es ist kalt.

Abt Michael Reepen OSB geht zusammen mit dem liturgischen Dienst den langen Weg durch die Gräber. Erst die Leuchter, dann der Weihrauch. Alle versammeln sich am großen Kreuz des Friedhofs. „Gemeinsam wollen wir heute an unsere verstorbenen Angehörigen denken, nicht nur an die, die hier begraben liegen“, sagt der Abt. Bei jedem Wort steigen weiße Wolken von seinem Atem in die Luft und vermischen sich im Lichtschein mit dem Dunst des Weihrauchs. Die Worte steigen in den Nachthimmel.

„Im Tod sind wir alle gleich“, erklärt Abt Michael weiter. Im Himmel sei Frieden zwischen allen – unabhängig von Religion oder Konfession. Die Kriege und Anfeindungen hier auf Erden würden dort keine Rolle mehr spielen. Der Tod betreffe alle und treffe irgendwann alle. Und an diesem Tag werde ausnahmslos an alle erinnert. „Wir denken besonders an jene, die auf der Flucht verstorben sind. Und an die in den Krisengebieten.“

Psalm 91 wird nun gesungen. Das Liedblatt in der einen, mit der Kerze in der anderen Hand leuchtend stehen die Männer und Frauen dicht zusammen. Zwischen den Gästen auch Mönche. „Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen“, singen sie. Es ist nicht der einzige Gesang, der zwischen den Grabsteinen zu hören ist. Und nicht das einzige Gebet.

„Wir hören nun das Totengebet der Muslime“, kündigt Abt Michael an. Einer der Flüchtlinge wird es singen. Danach betet ein anderer das der eritreisch-orthodoxen Christen. Auf deutsch und in seiner Heimatsprache. Der Tod verbindet.

Auch nach der Komplet. Jeder kann sein Grablicht auf dem Friedhof abstellen. Am Grab eines bekannten Mönchs oder auf der Wiese für die eigenen Angehörigen. Gemeinsam stehen sie vor einer Stele: Mönche, Flüchtlinge, Gäste. Gemeinsam beten sie für ihre Toten. Die Gesichter erhellt vom roten Flackern.

Allerheiligen und Allerseelen

Das Totengedenken am Hochfest Allerheiligen hat in der Abtei Münsterschwarzach Tradition. Seit einigen Jahren wird es gemeinsam mit und von den Flüchtlingen, die in der Abtei leben, gestaltet. Der eigentliche Gedenktag aller Toten ist der 2. November, Allerseelen. Dieser geht auf einen Benediktiner zurück, Abt Odilo von Cluny (Burgund). Das Dekret von 998 galt für alle von Cluny abhängigen Klöster. Von dort verbreitete sich der Gedenktag in der ganzen lateinischen Kirche, in Rom wurde er Anfang des 14. Jahrhunderts eingeführt.

Die Gräbersegnung findet allerdings traditionell am Nachmittag von Allerheiligen, einen Tag vorher, statt. Eigentlich gehört sie aber zu Allerseelen. Die liturgische Farbe für diesen Tag ist violett oder schwarz.