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Verwurzelt im jüdischen Glauben und Gebet

Am 9. August vor 75 Jahren starb Edith Stein – Dr. Gabriele Ziegler hat ein im Vier-Türme-Verlag erschienenes Buch über die große Heilige geschrieben – Eine Spur führt auch in die Abtei

Vor 75 Jahren, am 9. August 1942, starb Edith Stein mit ihrer Schwester Rosa in der Gaskammer im KZ Auschwitz-Birkenau. Die Münsterschwarzacher Theologin Dr. Gabriele Ziegler hat sich intensiv mit der Karmelitin und Patronin Europas auseinander gesetzt und eine 100 Seiten starke Schrift über ihr Leben verfasst. Dabei stützt sie sich insbesondere auf Selbstzeugnisse der Heiligen wie ihre Autobiografie und Briefe. Ziegler beleuchtet in ihrem Buch am Lebensbild von Edith Stein zudem die damaligen kirchlichen und politischen Verhältnisse, vor allem die NS-Zeit, und ihr Engagement als Frau.

„Mir ist es wichtig, dass wir es ernst nehmen, dass sie Jüdin war“, erklärt die Theologin. Sie verweist auf die Aussage von Edith Stein, als sie mit ihrer Schwester Rosa von der Gestapo abgeholt und nach Auschwitz deportiert wurde: „Komm, wir gehen für unser Volk“. Ziegler: „Sie spricht hier von ihrem Volk - dem jüdische Volk. Edith Steins Weg ist verwurzelt im jüdischen Glauben und Gebet".

Drei Eigenschaften von Edith Stein faszinieren die Autorin besonders: ihr Eintreten für die Geschundenen, ihre Einfachheit und ihre innerlich tiefe Betroffenheit vom Menschsein Jesu. Ziegler: „Es beeindruckt mich, wie viel es ihr bedeutet hat, als Jüdin ‚auch blutmäßig‘ zu Jesus Christus zu gehören. Im Blick auf Maria und Jesus zu denken: ‚Sie sind unseres [d.h. jüdischen] Blutes‘.“

Auch auf die intensive Suche der großen Heiligen nach Wahrheit verweist die Theologin nachdrücklich. Edith Stein habe den von ihr selbst geschriebenen Satz: „Wer die Wahrheit sucht, sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht“ an sich selbst erfahren. Die Autorin: „In Jesus Christus erkannte sie die menschgewordene Barmherzigkeit Gottes.“ Daraus habe sich für sie der Auftrag des anbetenden Gebets für andere ergeben, unabhängig von Religionszugehörigkeit oder Status. „Es hat mir immer sehr fern gelegen zu denken, dass Gottes Barmherzigkeit sich an die Grenzen der sichtbaren Kirche binde“, zitiert sie einen Satz von Edith Stein aus dem Jahr 1938.

Es gibt auch eine Spur im Leben der großen Heiligen, die nach Münsterschwarzach führt. Sie hatte offenbar Kontakt mit der hiesigen Prokura, was ein Antwortbrief belegt, der sich im Edith-Stein-Archiv in Köln unter Nr. 289-301 findet. Es ist ein Schreiben von Bruder Dunstan Rüger OSB aus der Abtei Münsterschwarzach, datiert auf den 14. Oktober 1933, das mit den heute ungewohnten Worten beginnt: „Sehr geehrtes Fräulein!“ Der „Missionsonkel“, so unterschrieb Br. Dunstan seinen Brief, zeigt darin Verständnis, dass Edith Stein den „Kosttag“, eine regelmäßige Spende von drei Reichsmark, aufgrund ihres Eintritts ins Kloster nicht mehr entrichten konnte und wünschte ihr „zu dem wichtigen Schritt recht viel Glück und Gottes reichsten Segen.“

Edith Stein wird 1891 in Breslau geboren. Die Jüdin studiert Philosophie und Geschichte. 1922 wird sie in Bergzabern getauft und in Speyer gefirmt, wo sie ab 1923 auch als Lehrerin arbeitet. Als die Ariergesetze 1933 jüdischen Deutschen und damit auch ihr jede Berufsausübung unmöglich machen, nimmt sie den äußeren Zwang als Hinweis, in den Karmel einzutreten. Als Ordensnamen wählt sie „Theresia Benedicta a Cruce“ (Theresia, vom Kreuz gesegnet). Um den Kölner Karmel zu schützen, siedelt Edith Stein 1938 in das Kloster im niederländischen Echt über. Am 9. August 1942 findet sie im KZ Auschwitz-Birkenau den Tod. 1998 wird sie heiliggesprochen, ein Jahr später von Papst Johannes Paul II. zur Patronin Europas erklärt.

Gabriele Ziegler ist Theologin mit dem Schwerpunkt Sprachen und Kirchengeschichte, Dozentin und Exerzitienleiterin. Sie studierte unter anderem in Jerusalem und Tel Aviv. Im Vier-Türme-Verlag erschien ihre Übersetzung der Werke Johannes Cassians sowie verschiedene Kleinschriften zur Spiritualität der Wüstenväter und Wüstenmütter.

Gabriele Ziegler, „Edith Stein - suchend, wachsam und entschieden“, Reihe: Münsterschwarzacher Kleinschriften Band 199, Vier-Türme-Verlag Münsterschwarzach, 1. Auflage 2017