Predigt zum Felizitasfest 2025
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
liebe Mitbrüder,
liebe Schwestern und Brüder!
Was Paulus in der Lesung schreibt, ist für uns Christen eine echte Herausforderung: „Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch das Band des Friedens!“ (Eph 4,2-3).
Wenn das so einfach wäre – wir wissen, wie schwierig das ist.
Auch der hl. Benedikt wusste aus seinen Erfahrungen des Klosterlebens, wie herausfordernd es sein kann, in einer Gemeinschaft so zusammenzuleben, dass der Friede gewahrt bleibt. Überall in seiner Regel und in seiner Vita tauchen Hinweise auf, dass es auch beim hl. Benedikt in seinen Klöstern immer wieder Auseinandersetzungen und Streit gab.
Er sagt, wir sollen bei „einem Streit mit jemandem noch vor Sonnenuntergang in den Frieden zurückkehren“ (RB 4,73). Wir sollen den Zwist und den Krach so schnell wie möglich beenden, den Konflikt bereinigen und aus der Welt schaffen, damit wir den Ärger nicht mitnehmen in den Abend und die Nacht. Denn sonst schadet er allen Beteiligten!
Doch zugleich mahnt Benedikt, „nicht unaufrichtig Frieden zu schließen“ (RB 4,25). Gerade weil der Friede ein so hohes Gut ist, muss er echt sein; sonst ist er auf Dauer nicht tragfähig. Konflikte dürfen nicht unter den Teppich gekehrt, sondern müssen ehrlich und gerecht bearbeitet und bereinigt werden. So können alle Glieder der Gemeinschaft in die gute Ordnung des Friedens zurückkehren.
Aber wie geht das denn in unserem Zusammenleben heute in der Abtei? Wie können wir echten Frieden leben, hier auf diesem kleinen Fleckchen Erde? Wir erleben immer wieder Spannungen. Momentan haben wir in verschiedenen Bereichen Umstrukturierungen und Veränderungen.
Wir müssen Gewohntes loslassen und uns an Neues gewöhnen. Solche Veränderungen gibt es gerade im Gästehaus, in der Infirmerie, in verschiedenen klösterlichen Betrieben, im pastoralen Raum und bei uns im Konvent. Wir müssen manches loslassen, von dem wir vielleicht dachten, es sei für alle Zeiten gut so. Veränderungen mögen wir nicht. Und wir spüren, wie unangenehm es sein kann, sich auf Veränderungen einzulassen.
Im Kloster ist das manchmal besonders stark. Schon allein, wenn wir nur eine kleine Änderung, an Zeiten vornehmen wollen, wenn bestimmte Abläufe von Diensten verändert werden, wenn ich meinen Platz im Refektorium wechseln muss, wenn ich in ein anderes Zimmer umziehen soll. Wenn ich etwas Gewohntes aufgeben soll und plötzlich etwas anders ist als vorher, kommen Gefühle der Verunsicherung und Frustration auf.
Denn im Gewohnten, im Verlässlichen und Bewährten liegt durchaus eine gute Kraft! Und das Aufrechterhalten bewährter Traditionen gehört zu dem, was uns Benediktiner in allem Wechsel der Zeiten so lange hat bestehen lassen. Diese Beständigkeit und Verlässlichkeit ist eines der „Erfolgsgeheimnisse“ von uns Benediktinern.
Aber Stabilität meint nicht Starrheit, nicht Unbeweglichkeit. Sondern: in der sicheren und festen Verwurzelung in Gott sich flexibel bewegen können, sich auch frei und souverän auf Neues einlassen können.
Benedikt warnt in seiner Regel mehrmals und eindringlich vor dem „Murren“ (vgl. u.a. RB 4,39; 40,8-9). Die Mönche sollen nicht meckern und schimpfen. Denn dies ist ein Zeichen der Undankbarkeit und Unzufriedenheit. Allerdings hat der Abt dafür Sorge zu tragen, dass den Mönchen kein Grund für solche Unzufriedenheit gegeben wird: Er „regle und ordne alles so, dass es den Brüdern zum Heil dient und sie ohne einen berechtigten Grund zum Murren ihre Arbeit tun können“ (RB 41,5).
Eine wesentliche Voraussetzung für friedliches Zusammenwirken ist echte Wertschätzung. Auch wenn etwas geändert werden muss, gilt es das Gute, das bisher war, zu würdigen und zugleich anzuerkennen, dass Neues kommen muss, ohne damit das vergangene Alte zu entwerten. Es geht darum, in Dankbarkeit das Gewachsene wertzuschätzen. Und zugleich in Offenheit den neuen Wegen der Weiterentwicklung zu vertrauen.
Eine Gefahr, die eine gemeinsame Weiterentwicklung verhindert, ist der Argwohn. Argwohn bedeutet, befangen zu sein in dem misstrauischen Verdacht, der Andere sei mir nicht wohlgesonnen und habe mir gegenüber keine guten Absichten. - Der Kollege oder die Chefin erscheint mir irgendwie suspekt, vielleicht hat er oder sie etwas gegen mich… Wenn ich auf diese Weise ständig mit Feindseligkeiten anderer rechne und Unangenehmes befürchte, kann sich kein entspanntes Miteinander entfalten.
Die Wüstenvätern kennen den Dämon des Argwohns. Als Mittel, ihn zu bezwingen, nennen sie die aktive Auseinandersetzung – Ihn ansprechen:
Hey, was willst du?
Warum blockierst du mich? Warum schwächst du mich?
Stimmt das wirklich, was du mir da einredest?
Man soll sich nicht von Ärger und Argwohn treiben lassen oder ihn in sich hineinfressen, sondern im Licht des Bewusstseins damit umgehen, mutig und ehrlich anschauen und aussprechen, was mich bewegt.
Mutter Felizitas, deren Fest wir heute feiern, zeigte in größter Feindseligkeit und Not eine erstaunliche Gelassenheit, Friedfertigkeit und Geduld. Trotz der lebensbedrohlichen Bedrängnis vertraute sie so tief auf Gott, dass sie mit ihren sieben Söhnen zuversichtlich den Tod annahm – im Wissen, dass sie in Gott geborgen sind und sein Friede ewig währt.
Amen.