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Aktuelles Mission

Dienst am Nächsten - der neue RUF ist da

Soeben ist der neue "Ruf in díe Zeit" aus der Abtei Münsterschwarzach erschienen. Thema der aktuellen Ausgabe sind "Sozialsysteme" unter dem Aspekt der Nächstenliebe So erfahren Sie etwas über ganz konkrete Nächstenliebe in der Praxis wie z.B. über die Arbeit der Obdachlosenhilfe in der Abtei St. Bonifaz in München oder über die Arbeit in der Krankenabteilung der Abtei Münsterschwarzach. Das Nächstenliebe aber nicht überall so konkret umgesetzt wird, zeigt der Artikel über die Situation in Afrika von Abt Siegfried Hertlein. Einen Auszug aus seinem Bericht können Sie hier vorab lesen.

Die Not der „Alten" in Afrika - Über die politische Botschaft des Vierten Gebots
von Abt Siegfried Hertlein OSB

Es war vor 50 Jahren, als ich als junger Kaplan in Nangoo, einem Außenposten von Ndanda, meine Arbeit aufnahm. Immer wieder saß ich auch bei den Wazee, den „ehrwürdigen Alten.” Am meisten fühlte ich mich zu Hause in der Familie von Mzee Sebastian Eriyo und seiner umsichtigen Frau Josefa, die neun eigene Kinder hatten und dazu noch ein adoptiertes Mädchen von einer verstorbenen Schwester. Sie waren nicht reich, aber fleißig auf ihren Feldern, und hatten so ein gutes Auskommen. Sie hatten auch ein offenes Herz für notleidende Verwandte, und auch Arme in der Nachbarschaft wurden nicht vergessen. Auch der Kirche gegenüber waren sie hilfsbereit, und immer wieder sah ich Sebastian mit einigen seiner größeren Kinder auf dem Kirchenacker hacken und schaffen.

So konnte ich die Rolle der Großfamilie, der Sippe, beobachten. Wichtige Dinge wie etwa Eheschließung oder Ehekräche, Erbschaftsfragen oder schwere Beleidigungen wurden gemeinsam verhandelt. Dabei erklärte jeweils ein Familiensprecher die anstehenden Fragen, legte das Für und Wider ruhig dar und gab dann jedem Gelegenheit, seine Ansicht zu äußern. Solche Beratungen dauerten oft viele Stunden, aber es war wichtig, am Ende eine gemeinsame Lösung zu finden, sodass niemand verärgert oder verbittert wegging. Es war eine faszinierende Welt, geprägt von recht und Ordnung, freilich nicht gerade von Liebe und Freiheit. Vor allem junge Menschen und Frauen hatten sich zu fügen, anzupassen, dem Urteil der Alten zu gehorchen.

Das war einmal! Im Mai 1986 starb Mutter Josefa, die Kinder waren zum Teil schon ausgezogen. Zu Hause wurde es still um den Mzee Sebastian und wieder zehn Jahre später saß er oft allein vor seinem inzwischen baufällig gewordenen Haus. Die Felder verkamen und wurden von den Kindern vernachlässigt. Nur eine einzige Enkelin fand sich, die bei ihm wohnte, kochte und den Haushalt richtete. und so starb er, allein und verlassen. Die meisten seiner Kinder kamen zum Begräbnis, vollzogen die traditionell vorgeschriebenen Riten und verteilten das Erbe. Eine traurige Geschichte, aber ein Stück Wirklichkeit im heutigen Tanzania