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90. Geburtstag von P. Polykarp

Am 15. Februar feiert P. Polykarp Uehlein OSB seinen 90. Geburtstag.

Mönch, Missionar, Maler – so ließe sich das Leben von P. Polykarp Uehlein in drei Worten zusammenfassen. Doch reichen diese drei Worte für seine außergewöhnliche Lebensgeschichte nicht aus. Geboren wurde er am 15. Februar 1931 in Amorbach (Kreis Miltenberg) als Otto Ernst Ludwig Uehlein. Nach dem Abitur 1949 trat er 1950 in die Abtei Münsterschwarzach ein. Es folgten Zeitliche Profess 1951 und die Ewige Profess 1954. Er studierte zeitgleich Philosophie und Theologie bis er am 1. Juli 1956 durch Erzbischof Josef Schneider von Bamberg zum Priester geweiht wurde.

Im Anschluss sollte er Englisch studieren, um am klostereigenen Gymnasium zu unterrichten. Doch es kam anders. Bei seinem Studium in London entdeckte P. Polykarp seine Leidenschaft zur Malerei und Kunst. Von 1960 bis 1963 studierte er bei Georg Meistermann an der Kunsthochschule in Frankfurt am Main. Bereits während seines Studiums illustrierte er Bücher des Autors Adalbert Seipolt und gestaltete zahlreiche Farbfenster für Kirchen. Eines seiner frühesten Werke waren die Farbfenster im Seminarbau der Abtei Münsterschwarzach.

1963 begann mit der Aussendung als Missionar nach Ndanda/Tansania, ein neuer Lebensabschnitt. Dort setzte P. Polykarp sein künstlerisches Schaffen fort. In Tansania, Kenia und Togo gestaltete er über Jahrzehnte zahlreiche Fenster und Wandmalereien für Kirchen. Auch in Münsterschwarzach, im Bistum Würzburg und St. Ottilien wirkte er weiter bei der Ausgestaltung einzelner Kirchen mit. Unter anderem arbeitete er 2005 die Farbfenster der Krypta der Abteikirche neu aus. In vielen Ausstellungen wurden seine Werke, zu denen auch Zeichnungen, Leinwandgemälde und Aquarelle gehören, gewürdigt.

2019 kehrte er nach einem Heimaturlaub in Münsterschwarzach aufgrund von gesundheitlichen Problemen anders als geplant nicht mehr nach Ndanda zurück. Seitdem lebt P. Polykarp auf der Infirmerie, der Kranken- und Pflegestation der Abtei Münsterschwarzach. Trotz seines fortgeschrittenen Alters ist er nicht nur geistig fit, sondern auch im eigenen Atelier und seinem Zimmer weiterhin künstlerisch tätig und zeigte zuletzt im Oktober 2020 beim "Offenen Atelier" sein Lebenswerk.

P. Polykarp Uehlein

Besondere Worte über die Zeit nach der Rückkehr findet sein Mitbruder und Künstlermönch P. Meinrad Dufner OSB:

Vor etwa 18 Monaten kam P. Polykarp zum üblichen Europaurlaub aus Tansania nach Münsterschwarzach. Gegen Ende der drei Monate überfiel ihn aber ein derartiger Gesundheitseinbruch, so dass vorerst an Rückreise nicht zu denken war. Seither lebt er, wieder gut zu Kräften gekommen, im betreuten Wohnen unserer Abtei. Das heißt aber nicht Untätigkeit. Nein, sein kleines Zimmer gerät fast aus den Fugen durch ständig neue Bilder, natürlich auf Papier und in kleinem Format.

Was da aber die immer noch flinke Hand, leicht und tänzerisch dem Papier übergibt, strotzt von Witz, Phantasie und spielerischer Schaffenskraft. Von Paul Klee wird bemerkt: „Kunst gibt nicht Sichtbares wieder, sondern macht sichtbar“. Das geschieht auf den Blättern am kleinen Tisch neben dem Bett. Polykarp zeigt Menschliches in seinen Bildern, die schmunzeln lassen. Es sind Köpfe und Gestalten, die in Höhen und Tiefen ihre Seelenlandschaften zeigen. Der Künstler scheint mit den zahllosen Menschen seiner Lebenserfahrung zu sprechen. Es mögen auch Figuren, die aus dem viel Gelesenem auftauchen, ans Licht kommen. Und es sind der Musik entsprungene Gefühle und Gebärden, die Polykarp irgendwann eingelassen hat. Dass ein 90jähriger derart heiter, geradezu „leichtfüßig“ Bilder malt, ist eine große Aussage über sein Leben.

Auf den Kirchenwänden von mindestens 60 und mehr Gebäuden hat P. Polykarp seine Weltsicht ausgebreitet. Da er sich als Missionar verstand, geschah es im behutsamen Austausch und Einlassen auf die afrikanischen Menschen. Szene um Szene beschreibend hat er die Bibel bebildert. Klar umrissene Figuren können unschwer erkannt werden. Ein eigenes Farbfeld umschließt die Begebenheit und taucht sie in eine Emotion, welche unbewusst überspringt. P. Polykarp scheint behutsam in epischer Breite – in unendlich fleißiger Arbeit – die Kirchenbesucher an der Hand zu nehmen. Sein Pinsel ist der Finger, der oft raumfüllend die Betrachterin den Bibelszenen herumführt. Es ist der lichte Gottesglaube, der er selber vom Amorbacher Elternhaus und dem heiteren Barock der ehemaligen Abteianlage eingeatmet hat.

So komme ich zur Begabung des Künstlers Uehlein, nur mit Licht zu malen. Das hat er in unzähligen Entwürfen und Ausführungen von Glasmalerei bewiesen. Es sind Farbspiele, die Polykarps Setzungen in die Räume tanzen lassen, aus denen das Tageslicht immer neue Sichtweisen malt.

Wenn er im Rollstuhl fahrend, rechts und links ständig neue Farben entdeckt, redet er: „Rot, das Rot der Rosen, die Gelbtöne dort drüben, und schau mal das Blau dazwischen!“ Es scheint, er sammelt fortwährend Farbe. Dabei sieht er sie aber jeweils ganz neu und man ahnt, wie er ihre tausendfachen Brechungen wahrnimmt. So ist auch sein Gehör in der Musik überdurchschnittlich hörend, verstehend.

Zu den vielen Arbeiten auf Kirchenwänden und in Glasfenstern kommen noch großformatige Leinwandbilder. Diese sind vorwiegend gegenstandslose Kompositionen, Symphonien aus Form und Farbe, Einsichten in „Räume“ der Schönheit, kraftvoll wie zart. Frühere Ausstellungen an unterschiedlichsten Orten haben P. Polykarp in diesen Formaten gezeigt. Der größte Teil dieses Werkes ist im Laufe der Jahre zu Privatpersonen und Museen gekommen.

Mit diesen wenigen Strichen mag der Maler und Musiker ein wenig gezeigt worden sein.
Zum Schluss verdient auch der Wortkünstler ans Licht gehoben zu werden. In den 70er Jahren erarbeitete P. Polykarp mit P. Rhabanus Erbacher und P. Godehard Joppich das umfangreiche Musik- und Textwerk des Benediktinischen Stundengebetes in deutscher Sprache und dessen musikalische Neukomposition. Aus seiner Feder entstammt der wunderbare Pfingsthymnus "O Augenblick der vollen Süße". Was hier über das Pfingstfest dichterisch besungen wird, darf auch als Metapher für das reiche Lebenswerk von P. Polykarp Uehlein verstanden werden.

Sein umfangreiches Lebenswerk verdient eine breit angelegte Ausstellung. Das aber ist wegen der Pandemiebeschränkungen derzeit nicht möglich. Es wäre auch anderweitig nicht durchführbar, da der größte Teil seiner Kunst auf Wänden in Deutschland, der Schweiz, Tansania, Kenia und Nebraska, USA, gemalt wurde.

Was auch nicht möglich ist, ist, Bildwerke adäquat zu beschreiben. Sie können nur im selbst Anschauen von sich erzählen. Aber sein Werk lebt in mehreren Malerschülern in Afrika weiter. Diese renovieren und gestalten im Sinne ihres Meisters neue Kirchenräume, Schulen und Hospitalwartehallen. Eine Kunst, die den Menschen zum Leben helfen will.