Zum Hauptinhalt springen

Predigten

Predigt zum 3. Advent 2025

Adventskranz, bei dem drei Kerzen angezündet sind.

Jahrhundertelang war der Advent eine der Fastenzeit nachempfundene Zeit des Verzichts und der Reduktion. Durch die übernommene Fastenordnung war klar: der Advent war noch nicht Weihnachten. Umso wichtiger und sinnenfälliger war auch der Freudencharakter des 3. Adventssonntags: die violette Bußfarbe wurde durch das Rosa entschärft – die Orgel, die sonst schwieg oder verhalten spielte, spielte auf. In einer kargen und verhaltenen Zeit bricht sich in der Mitte die Freude langsam Bahn. Auch um sich daran zu erinnern, auf was wir uns eigentlich vorbereiten: Nicht auf die Annehmlichkeiten des Festes oder auf die Geschenke, oder auf den Gänsebraten …. Freut euch, denn der Herr ist nahe (Phil 4, 5).

Es ist kein Ruf in einer satten oder übersatten Welt.
Es ist der Ruf in einer Welt, die noch wartet auf ihren Erlöser, in einer Welt, in der Kriege geführt werden, Kinder verhungern Menschen unter Unsicherheit, Bedrohung und Gewalt leiden. Da mitten hinein gilt der Ruf: „Freut euch, denn der Herr ist nahe!“ Auch heute.

Angesichts von Krieg, Gewalt, Gefahren und Unsicherheiten, können auch wir uns die Frage stellen, wie in dem Adventslied von Friedrich Spee aus dem Jahr 1622, „Wo bleibst du denn, Trost der ganzen Welt?“  Komm doch endlich und führe die Welt zum Frieden und zur Sicherheit.
Trauen wir in dieser auch heute dunklen Welt tatsächlich der Zusage: der Herr ist nahe! Oder freuen wir uns nur auf ein paar Tage, wo wir wenigstens in der Familie eine heile Welt erleben?

Kann unser Herz tief innen wirklich noch von dieser Freude über das Kommen und Dasein Gottes erfüllt werden?

Auch Johannes der Täufer scheint in unserem Evangelium verunsichert zu sein. Er hatte davon erfahren, dass Jesus beanspruchte, der Messias zu sein. Dafür sprach einiges. Aber Johannes war sich nicht sicher. Er saß schließlich im Gefängnis. Von Gottes Herrschaft, die mit dem Messias kommen sollte, war nicht viel zu sehen. Immer noch geschah Unrecht an Israel. Johannes erfuhr dies am eigenen Leib. Darum ließ er Jesus durch seine Anhänger fragen: „Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?“

Schließlich verweist Jesus die Boten des Johannes auf das, was sie hören und sehen, also auf das, was sie wahrnehmen um Jesus: Blinde sehen, Lahme gehen, Kranke heilen, Tote stehen auf, Arme bekommen Hoffnung. Die Taten, die geschehen oder möglich sind, sprechen für sich. Glaube hat etwas damit zu tun, die Zeichen richtig deuten zu können und tiefer zu sehen auf das, was noch werden kann. Es passiert und ist doch auch immer noch nicht ganz da.

Jesus bezieht sich auf den Abschnitt aus dem Buch Jesaja, den wir heute gehört haben, hier wird genau von dem berichtet, was ist, was „einst“ sein wird, wenn Gott auf der Erde sein Werk vollenden wird: Die Augen der Blinden werden geöffnet, die Ohren der Tauben sind wieder offen, der Lahme spricht wie ein Hirsch, der Stumme jauchzt auf.

Können wir dies, was dort beschrieben ist, auch heute hören und sehen – wie Johannes. Inmitten der Unsicherheit, der Gefangenschaft, des Unrechts, der Gewalt, auch dieses andere, das möglich ist?  

Diese Texte wollen uns ungeduldig machen.

Ungeduldig machen, nicht dadurch, dass sie Unheil verkünden oder Angst mache, sondern ungeduldig machen, gerade dadurch, dass er verkündet und verheißt, was jedenfalls von Gott her sein wird, was von Gott her möglich ist – auch heute und jetzt schon. Und so in uns die Sehnsucht, die Freude neu entzünden!

Es ist eine aufrichtende Botschaft, eine Botschaft für die, die auf Gott vertrauen, die an ihm festhalten. Das Volk Israel soll sich erinnern, immer neu erinnern an Gottes rettendes Handeln. In blumiger Sprache eines Orientalen überbringt Jesaja den in harter Diaspora lebenden Israeliten, die ihm von Gott aufgetragene Botschaft:

„Schaut euch um und nehmt es wahr! Wie Wüste und Steppe nach dem Winterregen erblühen, so sollen eure erschlafften Hände wieder stark und die wankenden Knie wieder fest werden. Ihr Verzagten fasst neuen Mut und ängstigt euch nicht; denn Gott selbst ist IM KOMMEN, er wird euch Recht schaffen und euch erretten!  Ja, wenn Ihr richtig schaut und wahrnehmt, ist er schon da in Eurer Mitte. Er ist da!

Im Mittelpunkt des Propheten stehen die Verzagten. Wörtlich heißt dies im Hebräischen die „Herzenseilige“, diejenigen, denen vor Angst und Furcht das Herz schnell schlägt. Ihnen soll der Bote Gottes Mut zusprechen: „Habt Mut fürchtet euch nicht!  Seht hier, euer Gott!“

Dieser Satz gilt für solche, die den Mut verloren haben oder durch widrige Bedingungen, wie gelähmt sind oder Herzrasen haben. Wer von uns würde sich da nicht dazu zählen wollen?

Diese Ermutigung gilt auch uns: Auch wenn ihr wie gelähmt seid, wenn ihr meint, doch nichts machen zu können; wenn ihr den Mut verloren habt: erinnert euch daran, dass Gott mit euch, bei euch ist! Wenn ihr daran festhaltet, dass Gott da ist, dann könnt ihr jetzt schon beruhigter, gelassener, ohne Angst, voll Zuversicht, sogar in Freude leben!

Das Dunkle ist dabei nicht weg oder verdrängt, nicht die Blindheit, die Taubheit, das Gelähmtsein, all dies erfahren auch wir jeden Tag, aber es ist eben nicht das letzte Wort. Gott hat immer noch mehr zu bieten.

Und es wird eben auch der Tag der endgültigen Rettung kommen.

Als Christen dürfen wir auch wissen, dass dieser Tag X des Heiles Gottes eben noch nicht vorbei ist. Die letzte Verwirklichung der Jesaja-Verheißung steht noch aus. Die ersten Christen wussten das und lebten in dieser Freude, dass der Herr nahe ist, dass sein endgültiges Kommen eben noch aussteht, dass noch mehr und Großartigeres geschehen wird.

 Alles, was recht ist, alles, was gut ist, wird Gott wieder herstellen. Deshalb konnten sich die Christen der ersten Jahrhunderte freuen, sogar in Zeiten der Verfolgung. Ihnen war bewusst: wir sind von Gott in der Taufe angenommen und er wird seine Versprechen ganz wahrmachen!

Dieses Bewusstsein ist uns heute leider häufig verloren gegangen – auch als Kirche. Aber die Texte und Lieder des Advents können in uns die Hoffnung und die wirkliche Sehnsucht nach dem Herrn wieder stärken.  

Nur wer weiterhin hofft, nur wer den Glauben an das gute Ende Gottes nicht verloren hat, der wird sich mit positiver Kraft dem Leben entgegenstellen; der wird selbst mitarbeiten an einer Verwirklichung des Heiles Gottes; der kann selbst zum Boten Gottes werden, der den Verzagten sagt: „Habt Mut fürchtet euch! Seht, euer Gott!“ Er ist im KOMMEN und wird euch erretten!“

Amen.