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Recollectio-Haus in Bewegung

Ganzheitlichkeit spielt im Kursprogramm eine zunehmend wichtigere Rolle - Neues Angebot für Menschen, die Priester werden oder ins Kloster gehen wollen, hat sich bewährt – Sommergespräch mit Dr. Ruthard Ott und Dr. Corinna Paeth

Mehr Gruppenangebote, mehr Entspannung, mehr Workshops und sogar ein komplett neues Angebot. Der Leiter des Recollectio-Hauses, Dr. Ruthard Ott, und sein Team haben seit dem Weggang des vorherigen Leiters Dr. Wunibald Müller vor gut einem Jahr einiges in Bewegung gebracht. Aber alles stets behutsam und mit Blick auf die Menschen, die in das Haus auf dem Gelände der Abtei Münsterschwarzach kommen. Denn an der Grundausrichtung hat sich nichts geändert. Die Einrichtung versteht sich nach wie vor als ein Angebot für Priester, Ordensleute und kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eine Auszeit suchen oder sich in einer Krisensituation befinden.

Bei den Neuerungen verfuhr der promovierte Theologe und Psychologische Psychotherapeut Ruthard Ott nach dem biblischen Motto: „Prüft alles und behaltet das Gute!“ Und die Ergebnisse geben ihm recht: Die Kurse sind voll, die Rückmeldungen durchweg positiv, das aktualisierte Programm stößt auf positive Resonanz. So auch das neue Angebot „psychologisch-spirituelle Einschätzung“, an dem bislang sieben Männer und drei Frauen teilgenommen haben, die erwägen, Priester zu werden oder in ein Kloster einzutreten. Die Einschätzung soll ihnen helfen, ob der ins Auge gefasste Weg für sie der richtige ist.

„Die bisherigen Rückmeldungen waren sehr positiv und die Erfahrung wurde von den Teilnehmerinnen als sehr hilfreich erlebt“, berichtet die Psychologische Psychotherapeutin Dr. Corinna Paeth. Die drei Frauen, mit denen sie gearbeitet hat, „haben auch etwas für sich selbst mitgenommen“. Wichtig sei es, in den Gesprächen ein „konstruktives Klima zu schaffen“ und die Menschen nicht „durchzuanalysieren“, so Paeth. Beleuchtet werden bei der Einschätzung z.B. die psychische Stabilität, die soziale Kompetenz, die Bindungsfähigkeit oder der Berufungsaspekt. „Wir thematisieren darüber hinaus die mit der angestrebten Lebensform verbundenen Herausforderungen und Stolpersteine“, so Ott.

Die Einschätzung wird in enger Zusammenarbeit mit den Personalverantwortlichen der Diözesen bzw. Orden durchgeführt. Sie umfasst ein psychologisches und ein pastoralpsychologisches Interview sowie ein geistig-spirituelles Gespräch. Im Anschluss daran wird allen Beteiligten die gewonnene psychologische und geistig-spirituelle Einschätzung erläutert. Das Recollectio-Haus versteht dieses Angebot als eine „entwicklungsunterstützende Standortbestimmung“. Ott: „Aus diesem Grund fertigen wir auch keine schriftlichen Gutachten an. Es geht ums Hinschauen auf die eigene Situation, nicht um die Weihezulassung“.

In den Kursen, dem zentralen Angebot des Recollectio-Hauses, gibt es einige Modifikationen – aber mit nicht unerheblichen Auswirkungen, denn die Gäste sollen geistlich-seelisch und körperlich Kraft sammeln und in Bewegung gebracht werden. Dabei hilft ihnen ein freundlicher Tiger mit weit aufgerissenem Maul. Er findet sich im neuen knallgelben „Recollectio-Bewegungspass“, in dem bis zu zwölf Wochen lang körperliche Aktivitäten erfasst werden können. Ob Spazierengehen, Radfahren, Tanzen, Reiten, Gymnastik oder Ballspiele - hier können die Gäste dokumentieren, was sie für ihre Fitness tun.

„Wir wollen die körperliche Dimension stärker in unsere Arbeit integrieren“, erklärt Ott. Dazu gehört neben einem leichten Bewegungsprogramm auch eine ärztliche Eingangsuntersuchung. Der Körper, so der Psychotherapeut, gebe oft „Raum für Beschwerden“. Die Anerkennung eigener Bedürftigkeit sei nicht selten schambesetzt. Deshalb neigen nach seiner Beobachtung gerade Priester oder Ordensleute mitunter dazu, „Krankheiten zu leugnen oder zu versuchen, sie wegzuspiritualisieren“. So wollen er und sein Team die Motivation wecken, nicht nur seelische, sondern auch körperliche Probleme in den Kursen anzugehen. Denn: „Wenn sich etwas bewegen soll, muss man in Bewegung kommen“. Die Aktivierung der Ausdauer und die Förderung der Gesundheit sind dabei wichtige Faktoren.

Aber auch das Gegenteil von Aktivität, die Entspannung, bekommt mehr Raum. Autogenes Training und Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen stehen jeweils einmal die Woche auf dem Programm. Gleich zweimal in der Woche findet die „Gruppentherapie“ statt. Die Arbeit in der Gruppe fördert, so Paeth, wichtige Kompetenzen. Hierzu gehören gegenseitige Unterstützung, Kommunikationsfähigkeit und der taktvolle Umgang miteinander. Bei der Lösung teils auch individueller Konflikte und Probleme kann die Gruppe eine hilfreiche Unterstützungsmöglichkeit bieten. Von den positiven Erfahrungen und den gewonnenen Erkenntnissen in den Gruppen kann jeder Einzelne auch für seine Zukunft profitieren – sei es für die Zusammenarbeit im Seelsorgeteam oder für das Zusammenleben im Kloster.

Das Recollectio-Haus sieht die Notwendigkeit, vermehrt auf die gesellschaftlich und kirchlich aktuellen Rahmenbedingungen sowie die individuellen Bedürfnisse der Gäste einzugehen. Deshalb wurde das Workshopangebot durch Themen wie Stressbewältigung, Umgang mit Aggressionen, achtsame Kommunikation oder gesunder Schlaf erweitert.

Dem Team ist es ein großes Anliegen, sich dem einzelnen Gast persönlich zu zuwenden. Denn jeder bringt seine eigene Geschichte und seine konkrete berufliche und private Lebenssituation mit. Nicht zuletzt deshalb bietet das Recollectio-Haus Priestern, Ordensleuten, kirchlichen Mitarbeiter/innen und anderen Personen mit spirituellem Hintergrund neben den festen Kursen auch eine persönliche Unterstützung in Form von ambulanten Einzelgesprächen (Beratung, Therapie, Supervision, geistliche Begleitung) an.

2018 werden drei Neunwochenkurse und zwei Vierwochenkurse durchgeführt. Mehr Informationen zu den Kursen und Angeboten gibt es auf der Internetseite unter www.recollectio-haus.de oder per Tel. 09324/20401, Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.