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Vorträge von P. Anselm Grün in China verboten

Im chinesischen Internet als „Chinafeind“ bezeichnet – Elf Vorträge in China gestrichen - Offene und lebendige Reaktion auf Vorträge in Singapore - Pater Anselm berichtet über seine Asienreise

„Ende August flog ich nach Singapore, um für Katholiken vierzehn Vorträge zu halten über verschiedene Themen wie: Verwandlung der Emotionen, benediktinische Spiritualität, spiritueller Umgang mit Krankheit, Träume auf dem geistlichen Weg. Außerdem ging es darum, wie wir heute junge Menschen für die Fragen des Glaubens gewinnen können, und wie wir in der Kirche mit Konflikten umgehen. Die methodistische Kirche hatte mich eingeladen, für ihre Pastoren einen Kurs über die benediktinische Spiritualität zu halten. Es hat mich gefreut, wie offen die Männer und Frauen der methodistischen Kirche für die Gedanken und Übungen aus unserer Mönchstradition waren und wie lebendig sie auf die Vorträge und Rituale reagiert haben.

Eigentlich hätte ich nach Singapore auch in China elf Vorträge halten sollen. Ein katholischer Verlag hatte dazu eingeladen und die Vorträge öffentlich ausgeschrieben. Einen Tag, bevor ich nach China fliegen wollte, bekam ich auf einmal die Nachricht, dass alle Vorträge gestrichen wurden. Offensichtlich hatte eine staatliche Behörde die Vorträge verboten.

Im chinesischen Internet wurde ich als Chinafeind bezeichnet, weil ich einmal mit dem Dalai Lama eine Veranstaltung über Wege zum Glück hatte, weil ich einmal mit den studentischen Demonstranten in Hongkong gesprochen hatte und weil im Februar in Taipeh ein Gottesdienst zum Thema "Aufarbeitung der Vergangenheit" stattfand, bei dem der taiwanesische Vizepräsident teilnahm. So spürte ich sehr persönlich, dass die Freiheit der Religion in China noch nicht realisiert ist, und dass China offensichtlich Angst hat vor anderen Meinungen.

Doch zugleich erfuhr ich, dass viele Priester Bücher von mir gelesen haben. Und dass die Untergrundkirchen Videos von mir anschauen, die von den Vorträgen aufgenommen wurden, die ich in Taiwan oder Hongkong gehalten hatte und die ins Chinesische übersetzt worden sind. So vertraue ich darauf, dass meine Gedanken zum Reichtum christlicher Tradition sich auch in China verbreiten und für die Christen zu einer Quelle werden, aus der sie schöpfen können, um in einer nicht-christlichen Umgebung ihren Glauben zu leben.

Der Schmerz über die Zurückweisung durch die chinesischen Behörden wandelte sich so in mir langsam zur Hoffnung, dass der Geist Jesu sich überall durchsetzt, auch wenn er von außen her Widerstand erfährt.“

P. Anselm Grün OSB