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Predigten

Pfingstpredigt 2025

Sternengeburt in der Milchstraße, M8

Liebe Schwestern und Brüder,

heute steht der Heilige Geist im Mittelpunkt! Er, der so schwer zu fassen und zu erklären ist. Deshalb ist es nötig, die Fenster und Türen unseres Geistes und unserer Seelen ganz weit aufzumachen, um mit ihm in einer inneren Ahnung des Herzens in Berührung zu kommen. Ich möchte dazu an verschiedenen Punkten der Geschichte von der Natur und uns Menschen anhalten und mit Ihnen nach dem Geist Gottes Ausschau halten.

Der Heilige Geist, er steht am Anfang, zumindest so lehrt es uns die Bibel. Dort begegnet er uns gleich auf der ersten Seite im ersten Satz: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser.“

Dieses wunderbare Schöpfungslied über den Anfang von Himmel und Erde, von allem, was ist, will uns keine naturwissenschaftlich relevanten Fakten berichten. – Dieses Bild zu zeichnen ist Aufgabe der Astronomen und Kosmologen. Ich spreche ganz bewusst von „Bild“ und nicht von Formeln. Wissenschaftskommunikation geht heutzutage hauptsächlich über Bilder, die wir besser verstehen können als mathematisch-physikalisch-unanschauliche Modelle (im Bild oben ein Sternentstehungsgebiet in der Milchstraße, Messier 8).

Wenn also die neuesten Ergebnisse astronomischer Forschungen uns in den faszinierendsten Farben präsentiert werden, so kommt uns eine Welt entgegen, die wunderbar geschaffen und aufeinander abgestimmt ist. Man kann sich einer neuen Verzauberung durch die Wissenschaft kaum entziehen, die uns zeigt, wie fast unendlich groß dieser Kosmos mit Milliarden von Lichtjahren ist. Wie einfallsreich und vielseitig das Weltall gestaltet ist und wie sehr die Physik über die Chemie zur Biologie und zum Leben drängt. Auf jeden Stern kommt ein Planet und für einfaches Leben scheint an vielen Orten im Universum Platz zu sein. Und unser Heimatplanet Erde ist ein ausgezeichneter, einzigartiger Ort im Universum, auf dem alle Parameter genial zusammen stimmen.

Über einen Kosmos zu staunen, dass er überhaupt ist, dass er nach Gesetzen funktioniert, mit Konstanten die ihm von Anfang an eingestiftet sind – und vielleicht noch mehr darüber zu staunen, dass wir Menschen etwas davon verstehen können. Unsere Welt ist vernünftig aufgebaut, bei all dem und trotz all dem, was wir nicht verstehen. Wer meint, dass dies alles so rein zufällig geschehen ist, trägt meiner Meinung nach eine sehr große Beweislast. Für mich ist der Heilige Geist die einfachere und einleuchtendere Erklärung, dass unsere Welt ist und wie sie ist. „Heilig“ meint hier einen Geist, der nicht Teil dieser unserer sichtbaren Welt ist. Sondern der Geist Gottes ist viel mehr, weil er das All umfängt, über alles Sichtbare und die Raum-Zeit hinaus, und so das Universum im Da-Sein erhält.

Mit dem Heiligen Geist steht aber nicht nur der Anfang, sondern jeder Augenblick der Schöpfung im liebenden Blick Gottes. Ein zweites entscheidendes Ereignis kommt deshalb hinzu: die Menschwerdung in Jesus Christus durch den Heiligen Geist. Im großen Glaubensbekenntnis, das wir nachher singen werden, heißt es dazu: „Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel gekommen, hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden.“

Etwas vereinfacht formuliert könnte man sagen: ohne den Heiligen Geist geht nichts in der Schöpfung. Immer dann, wenn etwas geschieht zwischen Gott und unserer sichtbaren Welt, dann ist er im Spiel. Das gilt für Jesus Christus am Anfang seines irdischen Lebens; am Beginn seines Weges in der Taufe im Jordan; in seiner Verkündigung; in seinem Leiden, Tod und Auferstehung. Überall und jederzeit ist der Heilige Geist anwesend und geht den Weg Jesu mit. Menschwerdung in Jesus Christus ist deshalb die Erlösung für uns Menschen: Er ist das sichere Zeichen, dass wir nicht mehr getrennt sind von Gott. Alles was uns trennen könnte von unserem Vater, wie ihn Jesus uns verkündet und nahe gebracht hat, ist in Jesus Christus angenommen und damit erlöst. Unsere Sünden will Gott vergeben; das Unheil, das wir anrichten, in Heil verwandeln; in der Auferstehung, alles Tote wieder zum Leben erwecken: Das sind alles Taten und Wirken des Heiligen Geistes!

Damit zeigt sich der Geist Gottes als derjenige, der er ist: ein Netzwerker, ein Verbinder, ein Übersetzer in allen Sprachen, wie es in der Apostelgeschichte von ihm am Pfingsttag berichtet wird. Er ist aber auch einer, mit dem alle Furcht überwunden werden kann. Ein heilsamer Geist, der die engen Grenzen unserer Herzen weiten kann und uns hinausführt in ein weites Leben des Glaubens. Wir kommen damit am dritten Haltepunkt an: im Hier und Heute.

Als praktische Anregung wie das gehen kann, haben wir derzeit eine große Gruppe junger Menschen in der Abtei Münsterschwarzach zu Gast. Sie kommen aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen, mit unterschiedlichen Muttersprachen und treffen sich hier für einige Tage, um miteinander zu Wandern, sich auszutauschen und miteinander den Frieden und das Verständnis füreinander zu fördern und zu stärken. Ein Geschehen auf der einfach menschlichen Ebene der persönlichen Begegnung. Ist das nicht das genuine Feld für den Heiligen Geist und seinem Wirken? Entgegen der gesellschaftlichen Entwicklung der Hass-Reden und -Botschaften unserer Tage? Gerade in den ach so freien unsozialen Social-Media? Ich meine, ja! Mit drei Ausrufungszeichen!

Aber, wo kann und soll der Geist Gottes heute noch wirken? Manche von uns wünschen sich vielleicht, dass in den Hauptstädten unserer Welt nicht nur einmal ein Sturm des Heiligen Geistes alle Ungeister dieser Welt hinaus wirft und es endlich Friede werde auf dieser Welt. Dass wir Menschen uns kollektiv in allen Nationen auf das konzentrieren, was unsere wirklichen Probleme sind: Hunger und fehlende Freiheit, Bildung und der erbarmungswürdige Zustand unserer Mitwelt den wir zu verantworten haben. Aus reinem Egoismus muss sich die Menschheit um eine umfassende Ökologie und die Umwelt kümmern, sonst machen wir uns das Leben nur schwer bis unmöglich auf unserem wunderbaren Heimatplaneten.

Aber das genügt nicht. Nicht nur, weil solche Gedanken und Gebete verständlich sind, sondern weil sie auch die Gefahr in sich bergen, unsere eigenen Allmachtsphantasien in den Mittelpunkt zu stellen. Deshalb die Frage an uns und jeden einzelnen: wo ist heute, bei mir, in meinem Leben der Heilige Geist nötig? Um in der Tradition eines alten Hymnus auf den Heiligen Geist und seinen Gaben zu fragen: was ist bei mir, in meinem Herzen unheilig und krank, dunkel und ausweglos, aggressiv und unfriedlich, ungeordnet und durcheinander, unbeweglich oder erstarrt? Da gibt es vermutlich ein großes Feld für den Heiligen Geist Gottes, zumindest ist es in meinem Herzen so!

Der Heilige Geist Gottes ist für mich überall im Universum gegenwärtig und auch heute tätig. Er ist es damit auch in meiner vergleichbar kleinen und engen Welt meines Alltags. Er schafft das Neue und Unerwartete und ist damit wirklich „der Herr, der lebendig macht“.

Von ihm kommt alle Ordnung und Vernunft für unseren Geist und Verstand. Von ihm kommt alle Beziehungsfähigkeit, die unsere Herzen bewegen und entzünden will mit seiner Liebe.

Ich kann mich seiner Führung anvertrauen, und das ist eines der größten Geschenke Gottes: dass er wirkend und kraftvoll da ist, und Leben ermöglicht bis in die Ewigkeit Gottes hinein!

Amen.